Wilhelm Lehmbruck Bronzefigur - Mädchen Mit Aufgestütztem Bein

Wilhelm Lehmbruck Bronzefigur – "Mädchen mit aufgestütztem Bein" – Signiert W. Lehmbruck

Die Bronzefigur "Mädchen mit aufgestütztem Bein" ist ein Werk von bemerkenswerter innerer Tiefe und stiller Intensität. Die junge weibliche Gestalt steht in einer nachdenklichen, fast verträumten Pose: Ein Bein ist leicht erhoben und auf einem Felsblock ruhend, der Arm liegt nachlässig darauf und stützt das Kinn, während der Blick sanft zu Boden geneigt ist. Es ist kein Augenblick der Bewegung, sondern der Sammlung, der inneren Versenkung, der leisen Abwesenheit. Die Figur zeigt keinen dramatischen Ausdruck, keine Theatralik, sondern jene tief empfundene Menschlichkeit, die sich nur durch Haltung, Geste und Stille vermittelt. Diese Bronzeskulptur macht sichtbar, was oft unsichtbar bleibt – ein seelischer Zustand, eingefangen in die sensible Form eines weiblichen Körpers, der weder heroisch noch verführerisch ist, sondern einfach da ist, fühlend, schweigend, denkend.

Der Künstler Wilhelm Lehmbruck – Leben zwischen Geist und Form

Wilhelm Lehmbruck wurde am 4. Januar 1881 in Meiderich bei Duisburg geboren. Sein Werk markiert einen Wendepunkt in der europäischen Bildhauerei des frühen 20. Jahrhunderts. Früh zeigte sich sein zeichnerisches und bildhauerisches Talent, das ihn an die Kunstakademie Düsseldorf führte. Doch der eigentliche Durchbruch erfolgte in Paris, wo er zwischen 1910 und 1914 lebte und arbeitete. Dort begegnete er den Werken Auguste Rodins und Aristide Maillols, setzte sich aber auch mit den geistigen Strömungen seiner Zeit auseinander – dem Symbolismus, dem Expressionismus und einer tiefen, fast mystischen Auffassung von Kunst als seelischem Ausdruck. Lehmbruck entwickelte eine ganz eigene Formensprache: reduziert, introvertiert, melancholisch und zugleich von großer innerer Klarheit. Seine Skulpturen zeigen keine Handlung, sie erzählen keine Geschichten – sie offenbaren Zustände, seelische Räume, existentielle Befindlichkeiten. Am 25. März 1919 nahm sich Lehmbruck in Berlin das Leben. Zurück blieb ein Werk, das bis heute durch seine still leuchtende Intensität beeindruckt.

Zwischen Kindheit und Erwachen – das Mädchen als Motiv

In der Figur des "Mädchens mit aufgestütztem Bein" verdichtet sich Lehmbrucks Blick auf die Schwelle zwischen Kindheit und Erwachsensein. Die junge Gestalt ist unbekleidet, aber nicht entblößt – ihre Nacktheit ist kein Objekt des Blicks, sondern Ausdruck eines natürlichen, unbefangenen Daseins. Ihre Haltung ist weder steif noch kokett, sondern fließend, zart und von einer inneren Aufmerksamkeit getragen. Der erhobene Fuß auf dem Fels und die ruhende Hand am Kinn ergeben eine Komposition, die sowohl Ruhe als auch Spannung in sich trägt. Es ist die Geste eines Wesens, das sich im Übergang befindet – körperlich wie geistig. Lehmbruck gelingt es, diesen Zustand nicht nur darzustellen, sondern erfahrbar zu machen. Die Figur steht nicht einfach im Raum – sie trägt den Raum in sich. Sie ist anwesend, aber nicht greifbar. Ihre Gedanken scheinen fern, ihre Empfindung jedoch ganz nah.

Form, die aus Empfindung geboren wird

Die Bronzeoberfläche ist weich modelliert, mit einer zurückhaltenden Patina versehen, die den warmen, organischen Charakter des Materials unterstreicht. Die Übergänge zwischen den Körperpartien sind fließend, die Linienführung sanft und rhythmisch. Es gibt keine scharfen Brüche, keine betonten Details – und gerade dadurch wirkt die Figur wie aus einem Guss, wie eine gewachsene Form. Der Sockel, der wie ein natürliches Felsstück wirkt, verankert die Figur nicht nur physisch, sondern auch symbolisch. Er erinnert an Ursprung, an Boden, an das Elementare. Die Figur selbst scheint aus diesem Fels zu erwachsen, als Ausdruck des Lebendigen, des Empfindenden, des Menschlichen. In ihrer scheinbaren Schlichtheit liegt eine große Tiefe – sie spricht nicht durch Dekor, sondern durch Form. Durch das, was bleibt, wenn alles Überflüssige verschwunden ist.

Ein Werk der leisen Modernität

Die Skulptur "Mädchen mit aufgestütztem Bein" entstand um 1910 – in einer Phase, in der sich Lehmbruck endgültig von der klassischen Akademieästhetik löste und zu seiner reifen künstlerischen Sprache fand. Es ist ein Werk der leisen Moderne, geprägt von psychologischer Dichte, klarer Reduktion und einer tiefen Achtung vor dem menschlichen Dasein. Die Moderne bei Lehmbruck ist kein Bruch mit der Vergangenheit, sondern ein stiller Aufbruch ins Innere. Er zerstört nicht – er verwandelt. Was er hinterlässt, sind Figuren, die nicht mehr nur Körper zeigen, sondern Zustände, Seelen, Augenblicke zwischen Sein und Empfinden.

Eine Einladung zum stillen Dialog

Diese Skulptur ist kein Repräsentationsobjekt, sondern ein Gesprächspartner. Sie entfaltet ihre Wirkung nicht durch Größe oder Geste, sondern durch Stille, durch Präsenz, durch das, was unausgesprochen bleibt. Sie eignet sich für Räume, die zur Einkehr einladen – für private Sammlungen, Galerien, Meditationsräume, Orte der Reflexion. Sie ist ein Werk, das mitwächst, das sich nicht erschöpft im ersten Blick, sondern immer wieder neue Schichten offenbart. Ihr Blick ist gesenkt – aber in dieser Senkung liegt eine Öffnung für den Betrachter. Wer ihr gegenübertritt, begegnet nicht nur einer Figur. Sondern sich selbst.

Lehmbrucks Vermächtnis – ein Werk für die Ewigkeit

Mit dem "Mädchen mit aufgestütztem Bein" hat Wilhelm Lehmbruck eine Skulptur geschaffen, die alles in sich trägt, was sein Werk auszeichnet: menschliche Tiefe, formale Reduktion, seelische Präsenz. Sie ist ein Denkmal für das Empfindsame, das Suchende, das noch Nicht-Gefundene. Und sie ist ein Zeugnis eines Künstlers, der die Form nicht als Grenze, sondern als Sprache des Inneren verstand. In dieser Bronze lebt Lehmbrucks Vision weiter – leise, unbeirrbar, zeitlos.

Breite: 20cm
Höhe: 61cm
Tiefe: 13cm
Gewicht: 8kg
100% Bronze