Expansion: „H. Gladenbeck & Sohn“ und die Aktiengesellschaft
Mit dem Eintritt seines Sohnes Oscar Gladenbeck in die Firma im Jahr 1878 firmierte das Unternehmen fortan unter dem Namen H. Gladenbeck & Sohn. Die Gießerei florierte in der Gründerzeit, einer Ära des wirtschaftlichen Aufschwungs und der kulturellen Repräsentation im Deutschen Kaiserreich.
Im Jahr 1887 zog die Gießerei nach Friedrichshagen, einem Vorort von Berlin, um mehr Platz für Großprojekte zu haben. Bereits 1888 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt: Aktien-Gesellschaft Gladenbeck, vormals Gladenbeck & Sohn. Die Firma wurde damit nicht nur zu einem Familienunternehmen mit Tradition, sondern auch zu einem modernen Industriebetrieb mit internationaler Bedeutung im Bereich der bildenden Kunst.
Meister des Bronzegusses – Büsten und Bronzefiguren
Hermann Gladenbeck und seine Gießerei wurden besonders berühmt für ihre herausragende Qualität in der Herstellung von Büsten und Bronzefiguren. Während viele Gießereien sich ausschließlich auf serielle Massenware konzentrierten, war Gladenbeck bekannt für höchste Präzision, detailreiche Nachbearbeitung und künstlerisches Feingefühl.
Büsten
Gladenbeck fertigte eine Vielzahl von Porträtbüsten, sowohl in Lebensgröße als auch in verkleinerten Ausführungen. Zu den bekanntesten zählen:
- Otto von Bismarck
- Kaiser Wilhelm I. und Wilhelm II.
- Johann Sebastian Bach
- Ludwig van Beethoven
Diese Büsten wurden oft für öffentliche Gebäude, Universitäten und Gedenkstätten in ganz Europa hergestellt und galten als Inbegriff von Würde und Staatskunst. Gladenbeck verstand es, durch meisterhafte Patinierung und realistische Modellierung den Charakter der dargestellten Personen einzufangen.
Bronzefiguren
Neben den Büsten war die Gießerei berühmt für ihre figürlichen Arbeiten, darunter mythologische, allegorische und alltägliche Motive. Viele Modelle stammten von bekannten Bildhauern wie Ferdinand Preiss, Albert Moritz Wolff, Reinhold Begas oder Adolf Brütt.
Berühmte Beispiele:
- Die Viktoria auf der Berliner Siegessäule (Goldelse), nach dem Entwurf von Friedrich Drake
- Neptunbrunnen in Berlin, entworfen von Reinhold Begas
- Kleinplastiken von Tänzerinnen, Jägern, Tieren und Allegorien, die in Editionen hergestellt wurden und heute begehrte Sammlerobjekte sind
Zusammenarbeit mit Künstlern
Die Gießerei Gladenbeck war ein zentraler Partner für viele bedeutende deutsche Bildhauer des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Hermann Gladenbeck selbst pflegte enge Kontakte zu Künstlern und verstand sich als Mittler zwischen Idee und Werkstoff. Die Gießerei arbeitete unter anderem mit:
- Christian Daniel Rauch
- Reinhold Begas
- Adolf von Hildebrand
- Ernst Herter
- Walter Schott
Diese enge Verbindung zwischen Handwerk und Kunst war ein wesentlicher Bestandteil des Erfolgs der Gießerei und sorgte für höchste künstlerische Qualität.
Die Gladenbeck-Gießerei im Kaiserreich und darüber hinaus
Während des Deutschen Kaiserreichs war die Gießerei ein Symbol für das künstlerische Selbstverständnis des neuen Nationalstaates. Monumente, Denkmäler, Büsten und figürliche Ausstattung öffentlicher Bauten wurden in Gladenbecks Werkstatt gegossen. Auch Exportaufträge nach Großbritannien, Frankreich und in die USA zeugen vom internationalen Ruf des Unternehmens.
Nach Hermanns Rückzug 1892 übernahmen seine Söhne das Geschäft. Unter der Führung von Paul, Walter und Alfred Gladenbeck entstanden mehrere neue Gießereien unter dem Namen Gladenbeck, die sich zunehmend diversifizierten – bis hin zu Reproduktionen antiker Statuen für Museen und Sammler.
Späte Jahre und Tod
Hermann Gladenbeck zog sich 1892 aus dem Geschäftsleben zurück, blieb aber als Senior weiterhin mit der künstlerischen Entwicklung seiner Firma verbunden. Er starb am 11. November 1918 in Friedrichshagen, im Alter von 91 Jahren – am Tag des Waffenstillstands, der den Ersten Weltkrieg beendete.
Sein Tod markierte das Ende einer Ära. Mit ihm verlor Deutschland einen der bedeutendsten Bronzegießer seiner Zeit, dessen Einfluss auf Kunsthandwerk und Denkmalpflege weit über sein eigenes Werk hinausreichte.
Vermächtnis
Heute sind Büsten und Bronzefiguren von Hermann Gladenbeck in zahlreichen öffentlichen Sammlungen, Museen und auf dem Kunstmarkt vertreten. Seine Arbeiten gelten als technisch vollendet, ästhetisch wegweisend und historisch bedeutend.
Einige seiner Werke sind zu sehen in:
- Altes Museum und Neues Museum, Berlin
- Deutsches Historisches Museum
- Staatliche Museen zu Berlin
- Kunsthandel und Auktionshäuser weltweit (z. B. Sotheby’s, Christie’s)
Gladenbecks Name steht bis heute für höchste Qualität im Bronzeguss – eine Verbindung von Handwerk und Kunst, die das kulturelle Erbe Deutschlands mitgeprägt hat.