Rückkehr in die USA und künstlerischer Durchbruch
Nach seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten im Jahr 1910 arbeitete McCartan zunächst als Assistent in den Ateliers etablierter Künstler wie Karl Bitter, Isidore Konti und erneut Herbert Adams. Im Jahr 1913 eröffnete er ein eigenes Atelier in New York und begann, sich als eigenständiger Künstler zu etablieren.
Sein Werkstil verband klassische Ideale mit einem modernen, dekorativen Art-Déco-Einfluss, was ihn in den 1920er- und 1930er-Jahren zu einem der führenden amerikanischen Bildhauer machte.
Stil und Themen
McCartans Skulpturen zeichnen sich durch:
- Eleganz, Harmonie und klar modellierte Körperformen
- Anlehnung an klassische Mythologie (z. B. Diana, Pan, Satyrn)
- Dekorative, grazile Posen mit detailreicher Modellierung
- Verwendung von Bronze, teilweise poliert, patiniert oder mit Goldakzenten
- Perfekte Balance zwischen antiker Inspiration und amerikanischem Modernismus
Seine Figuren, insbesondere weibliche Akte, zeigen eine ruhige, aber lebendige Schönheit. Oft steht nicht die Erzählung im Vordergrund, sondern der Ausdruck ästhetischer Vollkommenheit.
Bedeutende Werke
Zu den wichtigsten Werken von Edward Francis McCartan zählen:
- „Diana“ (1923/1924) – Eine stilisierte, elegante Darstellung der römischen Jagdgöttin. Exemplar im Metropolitan Museum of Art, New York.
- „Pan Fountain“ (1917) – Eine Bronzeskulptur des Hirtengottes Pan mit Flöte, ausgestellt in verschiedenen öffentlichen Parks.
- „Satyr with Grapes“ – Darstellung eines faunartigen Wesens mit Trauben, eine Verbindung aus Lebensfreude und klassischer Sinnlichkeit.
- „The Dream Lady“ (1922) – Ein poetisches Denkmal für den Dichter Eugene Field im Lincoln Park, Chicago.
Diese Werke stehen exemplarisch für McCartans Fähigkeit, das Klassische mit dem Zeitgeist der 1920er-Jahre zu verbinden – eine Mischung aus Anmut, Dynamik und dekorativer Raffinesse.
Lehrer und Mentor
McCartan hatte nicht nur als Künstler, sondern auch als Lehrer großen Einfluss. Ab 1914 lehrte er am Beaux-Arts Institute of Design in New York, ab 1926 an der Art Students League, wo er Generationen von jungen Bildhauern prägte. Unter seinen Schülern finden sich spätere Größen der amerikanischen Skulptur.
Auszeichnungen und Mitgliedschaften
Edward Francis McCartan war mehrfach preisgekrönt:
- Helen Foster Barnett Prize (1912) – National Academy of Design
- Wider Gold Medal (1916) – Pennsylvania Academy of the Fine Arts
- Medal of Honor (1923) – Architectural League of New York
Er wurde 1924 Mitglied der American Academy of Arts and Letters und nahm 1936/37 einen Studienaufenthalt an der American Academy in Rome wahr.
Letzte Jahre und Tod
In den späten 1930er-Jahren litt McCartan an einer schweren Lungenerkrankung, die seine künstlerische Arbeit einschränkte. Dennoch blieb er bis zu seinem Tod am 20. September 1947 als Lehrer und Mentor tätig. Er war Direktor der Rinehart School of Sculpture in Baltimore.
McCartan starb verarmt, wurde jedoch von der National Sculpture Society geehrt, die seine Bestattung finanzierte. Er wurde auf dem St. Agnes Cemetery in Menands, New York, beigesetzt.
Nachwirkung
Heute gilt Edward Francis McCartan als einer der führenden Vertreter der amerikanischen Bildhauerei der Zwischenkriegszeit. Seine Werke finden sich in:
- Metropolitan Museum of Art, New York
- Brookgreen Gardens Sculpture Park, South Carolina
- Smithsonian American Art Museum, Washington D.C.
- Privatsammlungen und öffentlichen Gebäuden in den USA
Sein Werk steht exemplarisch für die gelungene Verbindung von akademischer Strenge, klassischer Schönheit und moderner Dekoration – eine Balance, die nur wenigen Bildhauern seiner Zeit gelang.
Fazit
Edward Francis McCartan war ein Künstler zwischen Epochen: ein klassisch geschulter Bildhauer, der die Ideale der Antike mit der Eleganz des amerikanischen Art déco verband. Seine Skulpturen sind Ausdruck einer zeitlosen Ästhetik, die zwischen Antike, Mythologie und Moderne oszilliert. Als Lehrer, Bildhauer und Denkmalgestalter gehört er zu den einflussreichsten amerikanischen Künstlern des frühen 20. Jahrhunderts.