Zusammenarbeit mit Wiener Manufakturen
Lorenzl war nicht nur als freischaffender Bildhauer tätig, sondern arbeitete eng mit führenden Wiener Manufakturen zusammen. Besonders hervorzuheben sind seine Kooperationen mit:
- Goldscheider: Hier entstand u. a. seine berühmte „Schmetterlingstänzerin“, inspiriert von der Ausdruckstänzerin Niddy Impekoven. Die Figur wurde in verschiedenen Ausführungen hergestellt und ist heute ein Symbol des Wiener Art Déco.
- Keramos: Für diese Manufaktur entwarf Lorenzl stilisierte Tänzerinnen und elegante Akte in Porzellan.
- Hertwig & Co.: Auch mit dieser deutschen Porzellanmanufaktur arbeitete Lorenzl kurzzeitig zusammen.
Seine Modelle dienten nicht nur der Reproduktion, sondern wurden zu beliebten Sammelobjekten bürgerlicher Wohnkultur in ganz Europa.
Materialien und Signaturen
Lorenzl beherrschte verschiedene Materialien – von klassischer Bronze über Spelter (Zinkguss) bis hin zu feinem Porzellan. Besonders gesucht sind seine chryselephantinen Skulpturen, bei denen Köpfe und Gliedmaßen aus Elfenbein gefertigt wurden, während Kleidung und Posen in Bronze gegossen wurden.
Viele seiner Werke sind signiert – aber nicht immer unter seinem vollen Namen. Bekannte Signaturen:
- „Lorenzl“
- „R. Lor“
- „Renzl“
- „Enzl“
- „Renz“
- „Crejo“ (in Zusammenarbeit mit dem gleichnamigen Maler, der einige Stücke kolorierte)
Themen, Motive und Einfluss
Josef Lorenzl orientierte sich stark am Zeitgeist des Art Déco: die Verbindung von Technik und Eleganz, Bewegung und Ornamentik, Moderne und Ästhetik. Seine Werke thematisieren:
- Tanz und Bewegung – oft inspiriert von Revue- und Ballettaufführungen
- Frauendarstellungen – selbstbewusste, elegante Figuren mit erotischer Ausstrahlung
- Fantasie und Allegorie – z. B. „Die Muse“, „Frühling“, „Fliegende Tänzerin“
Sein Werk zeigt Ähnlichkeiten mit anderen Künstlern der Zeit wie Demétre Chiparus und Ferdinand Preiss, wobei Lorenzl im deutschsprachigen Raum einer der einflussreichsten Vertreter blieb.
Spätere Jahre und Tod
Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde der Geschmack konservativer. Die nationalsozialistische Kunstpolitik verdrängte viele Vertreter der internationalen Moderne. Auch Josef Lorenzls Arbeiten gerieten zunehmend in den Hintergrund.
Er starb am 15. August 1950 in Wien. Seine Frau Anna (Njura) Lorenzl vernichtete nach seinem Tod viele unverkaufte Werke und Modelle – ein tragischer Verlust für die Nachwelt und der Grund, weshalb viele seiner Werke heute als besonders rar gelten.
Marktwert und Bedeutung heute
Heute zählen die Skulpturen von Josef Lorenzl zu den gesuchtesten Objekten des Art Déco-Kunstmarktes. Je nach Material, Größe und Seltenheit erzielen seine Figuren folgende Preise:
- Bronzefiguren mit Elfenbein: 3.000–15.000 €
- Keramikfiguren von Goldscheider: 2.000–8.000 €
- Porzellanfiguren (Keramos): 800–2.500 €
- Seltene Originale in Auktionen: bis zu 25.000 € (z. B. Tänzerinnen mit farbiger Patina oder voll erhaltenem Elfenbein)
Museen wie das Wien Museum, das Museum für Angewandte Kunst in Wien oder das Louvre des Antiquaires in Paris bewahren Werke Lorenzls.
Fazit
Josef Lorenzl war ein stilbildender Künstler der europäischen Moderne. Mit seiner eleganten, fließenden Formensprache, seinen tanzenden Frauenfiguren und der meisterhaften Verbindung von Material und Bewegung zählt er zu den wichtigsten Bildhauern des Art Déco.
Seine Werke spiegeln eine Zeit des Aufbruchs und der kulturellen Vielfalt wider – eine Epoche, in der Kunst, Design und Lebensstil eine untrennbare Einheit bildeten. Heute sind seine Figuren nicht nur begehrte Sammlerstücke, sondern auch Ausdruck einer künstlerischen Haltung: leicht, schön, mutig – und voller Bewegung.